Bistum Trier

Wegen Missbrauch: Externes Sondergutachten gefordert

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Blick auf Trier
Trier

Das Kirchengericht der Erzdiözese Köln hat den früheren Pfarrer von Freisen (Saarland) Otmar M. des sexuellen Missbrauchs von fünf Personen für schuldig befunden. Das Gericht verhängte als Strafe die Entlassung aus dem Klerikerstand. Missbrauchsopfer & Betroffene im Bistum Trier (MissBiT e.V.) fordert ein Sondergutachten, das nicht von der unabhängigen Aufarbeitungskommission im Bistum Trier, sondern von Rechtsanwälten sowie einem Kirchenrechtler erstellt wird.

Bereits seit 2002 (!) sind kirchenrechtliche Voruntersuchungen im Verdachtsfall in einer Leitlinie von der Deutschen Bischofskonferenz beschlossen worden. Bischof Reinhard Marx hat diese mit Wirkung vom 1. Dezember 2002 für das Bistum Trier in Kraft gesetzt. Als Ansprechperson wurde damals Dr. Scherschel beauftragt. Ihm oblag auch der Kontakt zur Staatsanwaltschaft.

Die Leitlinie wurde am 31. August 2010 nochmal angepasst. Hierzu hat der amtierende Trierer Bischof Stephan Ackermann eigens eine Stellungnahme verfasst:

"… Wenn Kleriker im Verdacht stehen, schreibt das Kirchenrecht zusätzlich eine 'Kirchenrechtliche Voruntersuchung' vor. Es ist uns ein wichtiges Anliegen, noch deutlicher als in den Leitlinien 2002 herauszustellen, dass durch die kirchliche Voruntersuchung die staatliche Ermittlungsarbeit nicht behindert werden darf und Mehrfachvernehmungen soweit wie möglich zu vermeiden sind. Weil es in der Vergangenheit hier zu Missverständnissen kam, betone ich nochmals, dass es sich bei den kirchlichen und staatlichen Untersuchungsverfahren um zwei parallel laufende Verfahren handelt. Das kirchenrechtliche Verfahren ist in keiner Weise vorgeordnet."

Eklatante Verstöße gegen das Kirchenrecht durch Marx und Ackermann

Marx hat im Fall 2006 eindeutig gegen die Leitlinie aus 2002 verstoßen, Ackermann verstößt in mindestens zwei Fällen gegen die Leitlinie aus dem Jahr 2002 und die Anpassung aus dem Jahr 2010. Und das als damaliger Missbrauchsbeauftragter der Bischofskonferenz.

Dass die Vorwürfe im Fall M. bekannt waren, zeigt diese Stellungnahme von Ackermann:

"Wie am 21. Mai 2016 Medien berichteten, können wir bestätigen, dass es in der Vergangenheit drei staatsanwaltschaftliche Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts des sexuellen Missbrauchs gegen den Pfarrer gegeben hat: 2006, 2013 und 2016. Die Verfahren aus den Jahren 2013 und 2016 wurden jeweils wegen mangelnden Tatnachweises eingestellt. Das Bistum hat sich in besagten Fällen in enger Abstimmung mit den Ermittlungsbehörden befunden. Mit der Einstellung der staatlichen Verfahren sind diese Vorwürfe auch für das Bistum abgeschlossen. Insofern weisen wir den in den Medien entstandenen Eindruck zurück, dass es hier noch verbleibende Vorwürfe gibt, gegen die das Bistum vorzugehen hätte. [Hervorhebung durch Redaktion] Zum Zeitpunkt der Anzeige bei den staatlichen Stellen im Jahr 2006 waren die Taten nach staatlichem Recht bereits verjährt. Daher wurde das Verfahren eingestellt. Hierüber wurde das Bistum seinerzeit ohne weitere Hintergründe informiert."

Dem steht eindeutig schon die Leitlinie aus 2002 entgegen: "Erhärtet sich der Verdacht, wird eine kirchenrechtliche Voruntersuchung gemäß c. 1717 CIC eingeleitet. Diese wird von einer geeigneten Person, die der Bischof bestimmt, durchgeführt. Je nach Sachlage wird entschieden, ob der Verdächtigte für die Dauer der Voruntersuchung von seinem Dienst freigestellt werden und sich von seinem Dienstort entfernt halten muss."

Ackermann räumt vor Gericht "Fehler" ein

Im Prozess gegen Otmar M. vor dem Saarbrücker Landgericht am 15. Februar 2023 sagte Ackermann Folgendes aus: "… Wann er zuletzt mit Pfarrer M. gesprochen habe, will der Vorsitzende Richter wissen. 2013, antwortet der Bischof, es habe neue Vorwürfe gegeben."

Entgegen der Leitlinien hatte Marx zuvor 2006 keine kirchenrechtliche Untersuchung eingeleitet. Ackermann ließ erstmals 2013 untersuchen, beließ den Täter aber weiterhin ohne Auflagen im Dienst.

Im Mai 2016 wurde abermals eine kirchenrechtliche Untersuchung eingeleitet, die jetzt, nach mehr als sieben (!) Jahren, zum Abschluss kam.

Derzeit zwei zivilrechtliche Anzeigen gegen Ackermann

Eine der beiden Anzeigen bezieht sich auf Falschaussage während des Prozesses gegen Otmar M. Eine weitere Anzeige hat ein ehemaliger Kriminalbeamter gestellt, der sich seit Jahren mit dem Fall Freisen befasst hat. Sie lautet auf Strafvereitelung im Amt und soll sich auch damit beschäftigen, ob Beweismittel "verändert, vernichtet, unterdrückt oder verfälscht" wurden oder ob auf Zeugen "in unlauterer Weise eingewirkt" wurde.

Fazit

Das Kirchengericht verurteilt Otmar M. in fünf Fällen, das Bistum erkennt zudem weitere Opfer an. Das Landgericht Saarbrücken verhängt eine Bewährungsstrafe von 1 Jahr und 8 Monaten.

Das Bistum Trier vertuschte seit mindestens 1997, verschleierte die Vorgänge und brach fortwährend auch Kirchenrecht, unter anderem durch die Nichtbeachtung von Opfern.

Deshalb fordert der Verein MissBiT ein externes und unabhängiges Sondergutachten.

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