Louisiana lässt Missbrauchstäter vor Gericht davonkommen

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Der Louisiana Supreme Court in New Orleans
Der Louisiana Supreme Court in New Orleans

In Louisiana kommt ein Priester nach Kindesmissbrauch ohne Schadenersatz davon – weil die Taten lange genug zurückliegen. Der Oberste Gerichtshof des US-Bundesstaates kippte im März die verlängerte Frist für Zivilklagen von Opfern sexueller Gewalt. Das erst 2021 eingeführte Gesetz (Louisiana Child Victims Act) ermöglichte den Opfern vorübergehend, die Täter juristisch zu belangen, ohne an eine Verjährungsfrist gebunden zu sein. Die Entscheidung fiel denkbar knapp aus: Vier der sieben Richterinnen und Richter votierten für die Streichung.

Geklagt hatten Douglas Bienvenu und mehrere andere Personen, die berichteten, sie hätten als 8- bis 14-jährige Jungen in den 1970er Jahren sexuelle Gewalt durch einen katholischen Priester erlebt. Obgleich das Gericht eine weitgehend klare Beweislage einräumte, vertrat es dennoch die Auffassung, dass der Kirchenmann und seine Diözese in der Stadt Lafayette durch eine Verfassungsklausel geschützt sind. Diese besagt, dass niemandem "das Leben, die Freiheit oder das Eigentum ohne ein ordnungsgemäßes Gerichtsverfahren entzogen werden darf" – auch nicht durch den Louisiana Child Victims Act und seine Möglichkeit einer gerichtlichen Aufarbeitung ohne Verjährungsfrist. Damit folgten die Richter der Argumentation der katholischen Kirche.

2021 hatte Louisiana mit dem Gesetz vorübergehend die Verjährungsfrist für Schadensersatzklagen von Opfern sexueller Gewalt aufgehoben. Der Gesetzgeber berücksichtigte damit die Belange von Betroffenen, die oft erst viele Jahre oder sogar Jahrzehnte später in der Lage sind, sich mit der Tat auseinanderzusetzen und rechtliche Schritte einzuleiten. Ihnen gewährte das Gesetz ein Zeitfenster bis Juni 2024, in dem sie ihre Klage einreichen konnten.

Die Aushebelung des Louisiana Child Victims Act durch den Obersten Gerichtshof des Bundesstaates sorgte vielerorts für Empörung. Nach Ansicht des Anwalts Steve Kennedy stellt die Entscheidung das Recht auf Schutz vor juristischer Verfolgung über das grundlegende Recht auf Schutz vor sexuellen Übergriffen durch Erwachsene in einer öffentlichen Vertrauensposition.

Deutliche Kritik äußert auch die Betroffenenorganisation Survivors Network of those Abused by Priests (SNAP). Sie ruft Missbrauchsopfer, ihre Familien und Unterstützer zum Protest auf. Der Gesetzgeber habe das Gesetz einstimmig verabschiedet, hochrangige Beamte hätten es unterstützt, vom damaligen Gouverneur John Bel Edwards bis zum Generalstaatsanwalt Jeff Landry. Doch der Wille des Volkes sei durch vier Personen vereitelt worden, durch die Richter James Genovese, Scott Crichton, Jeff Hughes und Piper Griffin.

Richard Windmann, Präsident der Organisation Survivors of Childhood Sex Abuse, spricht von einer "offenkundigen institutionalisierten, systematischen und massenhaften Vergewaltigung unserer Kinder". Er kündigte an, den Fall notfalls vor den Obersten Gerichtshof der USA zu bringen. Dieser sei "die letzte Instanz, um zu sehen, ob wir als Menschen diese Gräueltaten weiter zulassen werden".

Ähnliche Gesetze wie in Louisiana wurden auch in Utah und Colorado durch Gerichte gekippt. In 24 anderen US-Bundesstaaten gelten sie weiterhin.

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