US-Knast: Auch ohne Gott auf Bewährung

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Gebete und Gottvertrauen sind in den USA zentrale Elemente bei einigen Programmen zum Suchtausstieg. In manchen Fällen müssen Strafgefangene ein solches Programm absolvieren, damit ihre Haft auf Bewährung ausgesetzt wird. Doch im Fall eines atheistischen Häftlings ist diese Auflage nicht zulässig, wie jetzt ein Gericht in West Virginia entschied.

Geklagt hatte der Häftling Andrew Miller, ein Atheist und säkularer Humanist. Nun verpflichtete das Gericht die Behörden per einstweiliger Verfügung, das fragliche Programm aus Millers Bewährungsauflagen zu streichen.

Nach Ansicht des Bundesrichters Joseph Goodwin verstößt die Vorschrift gegen die in der US-Verfassung garantierte Religionsfreiheit. Der Kläger sei gezwungen, "zwischen zwei gleichermaßen irreparablen Verletzungen zu wählen", so Goodwin weiter. Entweder müsse er sich "dem staatlichen Zwang unterwerfen und religiöse Praktiken ausüben, die seiner Überzeugung widersprechen" oder "bis mindestens April 2025 in Haft bleiben".

Miller verbüßt eine mehrjährige Haftstrafe wegen Einbruchs. Wie er in seiner Klage im April 2023 schildert, sei er mit Strafantritt 2021 in das staatlich finanzierte Aussteigerprogramm Residential Substance Abuse Treatment (RSAT) aufgenommen worden. Der Grund: Bereits zuvor hatte er an einem anderen Ausstiegsprogramm teilgenommen. Während dieses jedoch säkular angelegt war, sei das RSAT laut Klage "von christlichen Praktiken durchdrungen" und vermenge säkulare mit religiösen Elementen.

Das Programm verlange den Besuch von Treffen der Anonymen Alkoholiker (AA) oder der Narcotics Anonymous (NA, einer Selbsthilfegemeinschaft für Drogensüchtige), bei denen die Teilnehmenden regelmäßig bedeutende christliche Texte wie das Vaterunser und das Gelassenheitsgebet rezitierten. Zudem müssten sie zwölf mentale Schritte durchlaufen, verbunden mit dem Appell zum Gebet und zum Gottvertrauen. Aufgrund dieser religiösen Elemente habe Miller sich nach fünf Tagen aus dem Programm zurückgezogen. Zudem bezeichnet die zentrale Schrift der AA und verwandter Gruppen, das "Blaue Buch", eine atheistische oder agnostische Haltung als unvereinbar mit einer Heilung von der Sucht. Diese sei nur auf spiritueller Basis erreichbar.

Richter Joseph Goodwin betonte in seiner Entscheidung, möglicherweise wäre der Kläger Andrew Miller bereits auf freiem Fuß, hätte er sich diesem religiösen Programm unterworfen, statt für seine Rechte einzutreten. "Kein Mensch sollte vor solch eine Entscheidung gestellt werden", kommentierte Geoffrey T. Blackwell, Rechtsbeistand bei der Organisation American Atheists, die Situation.

Fest steht, dass Miller bereits dreimal vom Bewährungsausschuss des Staates West Virginia angehört und sein Gesuch jedesmal abgelehnt wurde. Seine Weigerung, am RSAT-Programm teilzunehmen, habe Goodwin zufolge wohl wesentlich zu diesen Entscheidungen beigetragen.

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