Qualifikation statt Quote

BERLIN. (hpd) Die Publikation versammelt Aufsätze, die sich mit den verschiedenen Aspekten der gegenwärtigen Gleichstellungspolitik, die auch unter dem Namen „gender mainstreaming“ realisiert wird, kritisch auseinandersetzen. Die aus dem journalistischen und sozialwissenschaftlichem Bereich kommenden 18 Autoren diskutieren dabei vor allem die Frauenquote als Maßnahme zu deren „Gleichstellung“.

Kennzeichnend dabei ist, dass die einzige Autorin in diesem Sammelband, Fiona Lorenz, schon im Titel ihres Beitrages die Tendenz des Buches formuliert, nämlich „Bloß keine Frauenquote!“

Die 20 Beiträge sind in drei Kapitel geordnet, mit einem allgemeinen Teil über die Begriffe Gleichberechtigung und Gleichstellung, mit Ausführungen zu den Facetten einer Quotenregelung bis zu den konkreten Forderungen einer Frauenquote in der Wissenschaft. Detailreich und auch mit ein wenig Polemik versuchen die Autoren in dieser doch auch stark ideologisch geführten Debatte ein Stück Aufklärung zu liefern.

Gleichstellungspolitik meint im Wesentlichen die Festlegungen im sogenannten „Antidiskriminierungsgesetz“ von 2006. Dort sind Regelungen formuliert, wie benachteiligte Gruppen z.B. wegen ihrer Hautfarbe, ihrer Ethnie, ihres Geschlechts oder ihrer sexuellen Orientierung gleichzustellen sind. Das Ziel ist dabei gleich in § 1 formuliert, nämlich die Einführung einer Frauenquote auf allen politischen Ebenen. Mit der Forderung nach einer 30-prozentigen Besetzung von Führungspositionen mit Frauen, vor allem in Unternehmen der freien Wirtschaft und in Universitäten, gehen die „Feministinnen“ damit über die bereits existierenden Rechte hinaus.

Um eine Quote für eine bestimmte Gruppe wie den Frauen zu rechtfertigen, bedarf es jedoch des Tatbestandes, dass eine diskriminierende Benachteiligung vorliegt. Von den Autoren wird zwar konzediert, dass z.B. nur sieben der Vorstandssessel in DAX-Unternehmen mit Frauen besetzt sind. Das allein sei aber noch kein Beweis für deren Benachteiligung, denn es wird argumentiert, erst wenn dies nicht mit den Präferenzen der Frauen kongruent sei, liege eine Diskriminierung vor und rechtfertige das Gleichstellungsinstrument der Quote. Quote heiße in diesem Zusammenhang nichts anderes, als die Bevorzugung einer bestimmten Gruppe und stelle damit nichts anderes als eine positive Diskriminierung dar.

Infolgedessen wird in etlichen Beiträgen der Frage nach den Präferenzen der Frauen intensiv nachgegangen. Warum schaffen es Frauen nicht, obwohl Gleichberechtigung herrscht, also keine rechtlichen Widerstände zu dem Wunsch nach Führungspositionen vorliegen, vermehrt in die oberen Etagen einzuziehen? Ein wesentliches Argument ist, dass, auch wenn keine rechtlichen Schranken vorliegen, es doch real einige Hindernisse auf dem Wege zur Vereinbarkeit von Beruf und Familie für Frauen gibt. Das sind z.B. fehlende Kindergartenplätze, fehlende Ganztagsschulen, aber es mag auch teilweise die Personalpolitik von Unternehmen sein, die es qualifizierten Frauen nicht ermöglichen, weiter aufzusteigen. Diese Schranken seien allerdings auch mit einer Quotenregelung nicht zu überwinden. Vielmehr sei hier die Politik gefordert, eine Infrastruktur zu schaffen, die den Frauen diesen Schritt ermöglicht.

Nun sind Menschen biologisch und kulturell geprägt, was wesentlich ihre Entscheidungen bestimmt, und das dominierend, wenn sie die Freiheit und Chancengleichheit haben. Es gilt dann der Wettbewerb, in dem sich eben der eine oder die eine besser durchsetzt. Historisch hat sich so eine „Arbeitsteilung“ zwischen Frauen und Männern herausgebildet, die sich auch mit der Chancengleichheit und rechtlichen Gleichstellung nicht nivellierte. Man muss diese gesamte Arbeitsteilung ansehen, denn neben der Mehrzahl der  Führungspositionen sind die Männer auch unter anderem in weniger attraktiven und gefährlicheren Berufen tätig, sie haben dadurch allgemein auch eine niedrigere Lebenserwartung. Zudem sind sie auch heute noch meistens für den Lebensunterhalt der Familie verantwortlich. Keiner käme darauf, diese Einseitigkeiten durch irgendwelche Maßnahmen ausgleichen zu wollen. Frauen in den breiten sozialen Schichten sehen das jedenfalls im Wesentlichen nicht als kritisch an.

Das Problem, der Tatbestand einer geringen Besetzung von Führungspositionen mit Frauen, scheint eher die Präferenzen einer relativ kleinen, gut ausgebildeten Gruppe von Frauen zu tangieren. Diese sind bereit, das Eigentumsrecht durch den Staat zu beschneiden und zu verhindern, dass sich eine Firma im Wettbewerb die kompetentesten Menschen für ihre Führung aussucht. Um dies zu vermeiden, fordern die Autoren eine verstärkte Qualifizierung der Frauen, damit diese sich in dem Wettbewerb um Führungspositionen in Wirtschaft und Wissenschaft besser durchsetzen. Interessanterweise ist dabei auch anzumerken, dass gerade die erfolgreichen Frauen sich gegen eine Frauenquote aussprechen.

Die Forderung nach Gleichstellung der Frauen in Führungspositionen durch eine Quotenregelung verkommt damit zu nichts anderem als der Interessendurchsetzung einer relativ kleinen gesellschaftlichen Gruppe. Das hat aber dann nichts mehr mit dem breiten Leben in der Gesellschaft zu tun. In dem Sammelband wird deshalb auch formuliert: „Die Frauenquote ist nichts weiter als ein Dekadenzphänomen“.

Ulrich Körner

 

Qualifikation statt Quote. Beiträge zur Gleichstellungspolitik. Herausgegeben von Harald Schulze, Torsten Steiger und Alexander Ulfig - Verlag und Herstellung: Books on Demand, Norderstedt 2012, ISBN: 3844817433, 13,60 Euro