Für fromme Christen ist Rockmusik das Werk des Satans

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Strenggläubigen Christen passt Rockmusik gar nicht in ihr Weltbild – sie sei zügellos und eine okkulte Gefahr. Für strenggläubige Christen ist Magie des Teufels. Vor allem schwarzmagische Phänomene lassen ihr Blut in Wallung geraten. Denn dahinter steckt in ihren Augen ausnahmslos der Satan, der die Menschen verführen will.

Gläubige aus radikalen Freikirchen haben Angst, der dämonischen Versuchung nicht widerstehen zu können und das Seelenheil aufs Spiel zu setzen. Für sie ist der christliche Glaube hell, weiß und lichtvoll. Gott ist gütig und barmherzig, Jesus die Lichtgestalt schlechthin. Die dunklen Seiten werden dem Satan zugeschrieben und verdrängt, was aus psychologischer Sicht problematisch ist.

Vermischung von Schwarz und Weiß ist für fromme Christen undenkbar

Der Hinduismus hingegen hat schon früh erkannt, dass das Ausklammern der dunklen Seite verhängnisvoll sein kann. Die Religion integriert die Dämonen in den Götterhimmel. Schwarz steht gleichberechtigt neben Weiß. Das Helle durchdringt das Dunkle und das Dunkle das Helle.

Eine solche Vermischung ist für fromme Christen unvorstellbar. Manche Okkultisten hingegen versuchen ebenfalls, die dunklen Seiten der menschlichen Existenz in ihr Bewusstsein zu integrieren.

Der 2017 verstorbene St. Galler Schriftsteller Akron, mit bürgerlichem Namen Charles Frey, verstand sich als Okkultist und schrieb rund 20 Bücher zum Thema. Es ging ihm um das Bewusstmachen verdrängter Persönlichkeitsanteile.

Christen verdrängen, dass die Welt oft ein Ort des Grauens ist

Akron war eine schillernde und umstrittene Figur. Auch wenn man seine Ideen und Überlegungen nicht teilt, legte er seine Finger auf einen wunden Punkt des christlichen Glaubens:

Das Christentum kapriziert sich einseitig auf die hellen und weißen Seiten des Lebens und schließt die dunklen aus, ja verteufelt sie im wahrsten Sinn des Wortes. Dabei würden Christen im Rahmen des Glaubens verdrängen, dass die Welt oft ein Ort des Grauens ist und wir Menschen manchmal bösartige und gewaltbereite Wesen sind.

Gegen solche Interpretationen wehren sich vor allem freikirchlich sozialisierte Christen. Für sie lauert die okkulte Gefahr in vielen weltlichen Aspekten. Sogar in der Musik: Heavy-Metal-Bands sind für sie ein Werkzeug des Satans. Wenn Alice Cooper ein Konzert in Zürich gab, demonstrierten fromme Christen vor dem Hallenstadion und zitierten Bibelverse.

Bei manchen Gläubigen beginnt die okkulte Gefahr schon viel früher, nämlich bei der Rockmusik, die nichts mit Religion zu tun hat – weder musikalisch noch bei den Songtexten. So schreibt die christliche Plattform Das Wort der Wahrheit, dass Rock- und Popmusik auf "die Musik des Götzendienstes und der Dämonenanbetung verschiedener Heidenvölker, vor allem aus Schwarzafrika, zurückgeht". Diese Musik könne zur Ekstase führen und reize ihre Hörer dazu, "ihre Begierden zügellos auszuleben". Die Rock- und Popmusik habe wesentlich dazu beigetragen, die Rückführung des ehemals christlich geprägten Abendlandes in ein Neuheidentum voranzutreiben.

Dann folgt die Fundamentalkritik der Plattform. Mit listigen Kunstgriffen habe es der Satan geschafft, "die rebellische, zerstörerische, gesetzlose Musik der antichristlichen Jugendrevolte Schritt für Schritt in die Gemeinde Jesu Christi" einzuschleusen. Dabei sei doch jedem von neuem geborenen Christen glasklar, "dass diese zügellose, zur Befriedigung sündiger Begierden anstachelnde Musik niemals für heilige Zwecke, für die Verehrung Gottes und die Erbauung von Kindern Gottes" eingesetzt werden könne.

Die fromme Plattform führt für die Legitimation ihrer These von der gefährlichen Pop- und Rockmusik ein Bibelzitat an: "Denn es ist für uns genug, dass wir die vergangene Zeit des Lebens nach dem Willen der Heiden zugebracht haben, indem wir uns gehen ließen in Ausschweifungen, Begierden, Trunksucht, Belustigungen, Trinkgelagen und frevelhaftem Götzendienst." (1 Pt. 4, 1–4)

Fazit: Es findet sich für jede Aussage in der Bibel ein Zitat, mit der die eigene Überzeugung untermauert werden kann. Egal, wie abstrus sie ist.

Erstveröffentlichung auf watson.ch. Übernahme mit freundlicher Genehmigung. 

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